Wie wir heute bauen, wohnen wir noch übermorgen
Einige Baustile aus verschiedenen Epochen sind seit über hundert Jahren beliebt
und begehrt, wie die der Baujahre um 1910. Andere überholten sich schnell, wie die dünnwandigen Bungalows der Siebzigerjahre. Derzeit zeichnen sich zwei entgegengesetzte Trends ab. Einerseits werden schnell neue, kostengünstige Wohnungen gebraucht und gebaut, wie in der Nachkriegszeit, und andererseits gibt es genug Geld für qualitativ hochwertige Neubauten. Daraus ergibt sich eine Spaltung des Neubauangebotes: Schnelle Billigbauten und hochwertige Luxuswohnungen entstehen gleichzeitig, allerdings meistens in verschiedenen Wohnlagen.
Was folgt daraus? Viele Nachfrager und Marktbeobachter kritisieren die hohen Preise und lösen damit eine allgemeine Diskussion aus: Wohnen sei bald nicht mehr bezahlbar. Das stimmt zwar teilweise, gilt aber nicht für alle Interessenten. Der Sache auf den Grund gegangen ist das Forschungsinstitut empirica mit seiner sogenannten „Sickertheorie“. Darin geht es zwar um die These, dass der Einfamilienhausbau dafür sorgt, dass anderorts – zum Beispiel mitten in der Stadt – Wohnungen frei werden, weil jede neue Wohnung eine bestehende frei macht, die wiederum eine Wohnung frei macht, wodurch eine ganze Umzugskette in Gang gesetzt wird. Diese Theorie kann analog aber auch für Wohnungen im Luxussegment gelten. Wer es sich leisten kann, kauft sich jetzt mit billigem Geld eine teure Wohnung, macht eine weniger aufwendige Wohnung frei, in die Menschen ziehen, die wiederum eine Wohnung frei machen usw. Wenn dieser Zusammenhang richtig ist, wäre es doch sinnvoll, bevorzugt qualitativ hochwertige Wohnungen zu bauen, die alle ökologischen und energetischen Anforderungen sowie die Vorgaben an die Nachhaltigkeit in höchstem Maße erfüllen und darüber hinaus auch noch in Jahrzehnten als kulturelle Glanzpunkte einer Epoche angesehen werden, in der in vielen Bereichen Überfluss herrschte.